6.000 Tonnen gefräst und recycelt
Sanierung der Hannoverschen Straße
Es ist windig und es ist laut. Wir sind verabredet mit dem Oberbauleiter der Firma Bauer, Dirk Mauermann und Jörg Hölterhoff, Bauleiter im Verkehr- und Tiefbauamt der Stadt. Ebenso dabei ist Marco Schmölling, Bauleiter des Planungsbüros Steinbauer, beauftragt mit der Bauüberwachung. Die wöchentliche Bauberatung für die Erneuerung eines wichtigen Straßenabschnittes ist angesetzt. Wir stehen mitten auf der Baustelle Hannoversche Straße in Höhe des Thüringen-Parks. Auf der einen Seite rollen die Fahrzeuge im Berufsverkehr in endloser Reihe, auf der anderen Seite nimmt eine gewaltige Fräse ihre Arbeit auf und trägt den Straßenbelag ab – wir mittendrin.
Wir haben darum gebeten, den Bauarbeitern und den Planern über die Schulter schauen zu dürfen, während sie dafür sorgen, dass die Straße instand gesetzt wird. Derzeit reihen sich die Schlaglöcher aneinander, eine grundhafte Sanierung der viel befahrenen Hannoverschen Straße/ B4 ist dringend geboten.
Bei den vorbereitenden Arbeiten hatte ein Kranfahrer die Starkstromleitung berührt und damit eine Vollsperrung ausgelöst, die so manchem im Stau einige Geduld abverlangte. Und dennoch: Es ist glimpflich ausgegangen, niemand wurde verletzt.
Jetzt also sind die alten Lichtmasten entfernt, die Überfahrten auf die nicht gesperrte Fahrbahnseite gebaut, die Bordsteine und Randstreifen entfernt und der Belag kann abgetragen werden. Die Fräse – ein vierzig Tonnen schweres Ungetüm – nimmt den Asphalt auf einer Breite von 2,50 Meter auf. Zehn Sattelzüge stehen bereit, um das Fräsgut abzutransportieren. Sie bewegen sich jeweils vor der Fräse und werden via Förderband beladen. Danach fahren sie direkt nach Walschleben, wo das Fräsgut recycelt wird, um es später als Tragschicht in die Straße wieder einbauen zu können. Der Wechsel der LKW erfolgt routiniert, hier wird keine Zeit verloren.
Zwischen 25 und 30 Zentimeter stark ist der Asphalt, darunter die Kiestragschicht. Insgesamt drei Tage braucht es, um die Schwarzdecke abzutragen und dann eben jene Kiesschicht darunter. 200 Tonnen pro Stunde schafft die Riesenfräse, insgesamt 6.000 Tonnen werden auf den rund 800 Metern abgetragen. „Voraussichtlich sind wir am Freitag fertig.“, hören wir von Dirk Mauermann. Wobei – das Wetter ist wohl eine der größten Unbekannten im Tiefbau. In diesem Sommer hatte man auf vielen Baustellen mit Starkregen zu kämpfen. Was man als Laie meist nicht einschätzen kann: Es braucht immer einige Zeit, bis physikalische und chemische Vorgänge in den einzelnen Straßenschichten abgeschlossen sind. Und die sind nicht nur, aber auch abhängig vom Wetter.
Rund drei Wochen Vorarbeiten waren erforderlich bis tatsächlich gebaut werden konnte. Verkehrsschilder waren zu positionieren, Fahrzeugrückhaltesysteme zurückzubauen, Vermessungsarbeiten durchzuführen, die Abläufe vorzubereiten sowie die Mittelstreifenüberfahrten herzustellen. Auch ein Bodengutachten musste erstellt werden und zudem begleiten Gutachter den Straßenbau in allen Phasen.
Punkt für Punkt wird während der Bauberatung akribisch abgearbeitet und protokolliert. Gleichermaßen intensiv wie ruhig und sachlich werden Details besprochen, Lösungen erarbeitet. Derweil frisst sich die stählerne Fräse ohne Unterbrechung in den Asphalt, wechseln LKW und transportieren ab, kommen zurück … ein endloser Reigen.
Wir dürfen ein Stück auf der Fräse mitfahren – sind beeindruckt. Und voller Respekt für die Tiefbauer, die bei Wind und Wetter draußen stehen und hart arbeiten – sei es bei kühlen Temperaturen wie heute, sei es bei 35 Grad im Schatten. Wir sitzen dann für gewöhnlich im klimatisierten Auto. Für gut eine Stunde haben wir die Seiten gewechselt und eine leise Ahnung davon bekommen, was geleistet wird, um das Straßennetz instand zu halten. Und wenn wir wieder einmal von Staus und Baustellen genervt sind, werden wir uns mit Sicherheit daran erinnern.
Autor: B. Köhler Fotos: S. Forberg
Dirk Mauermann, der erfahrene Oberbauleiter bei Bauer Bauunternehmen, behält die Details ebenso im Blick wie alle Abläufe.
Bauberatung bei Wind und Lärm: Dirk Mauermann, Marco Schmölling und Jörg Hölterhoff (v.l.)