Reise ans Ende der Welt – Teil 6

    Die Algen

    Algen sind gesund und finden aufgrund ihrer Inhaltsstoffe in zahlreichen Lebensmitteln und auch in Anstrichfarben Verwendung. In der Bretagne leben viele Menschen von der Algenernte, die, um ihr Nachwachsen auch in Zukunft zu sichern, streng reglementiert ist. Wie beim Fischfang gibt es Quoten, wieviel wann von wem geerntet werden darf. Obgleich sich meine Begeisterung für die glibberigen Meerespflanzen in Grenzen hält, will ich Europas größten Algenexporthafen in Lanildut in Augenschein nehmen. Rund eine halbe Autostunde brauche ich bis dorthin.

    Meine Neigung, unterwegs überall dort hinzuschauen, wo sich Schönes bietet, führt manchmal auch zu etwas skurrilen Unternehmungen und so kam es, dass mich eine Toreinfahrt mit dahinterliegende Allee aus Bäumen und blauen Hortensien in ihren Bann zog. Ich wähnte dort einen öffentlichen Park, vielleicht einen Friedhof  und betrat die mystisch schöne, von Natursteinmauern umgebene Anlage. Nicht zu erkennen, wohin die Hortensien-Allee führt. Erst nach rund 50 Metern erblicke ich weit im Hintergrund ein großes Haus in Bretonisch-grauem Natursteinstil. Keine Gaststätte, kein Hotel und schon gar kein Friedhof, vielleicht eine Ferienhausanlage. Ich gehe zurück zur Straße, will schließlich niemandes Privatsphäre stören und bin immer noch fasziniert von der schönen Anlage.

    Aber ich schweife ab. Europas größter Algenexporthafen erweckt den Eindruck eines schönen, doch eher beschaulichen Hafens für größere und kleinen Boote. Einzig die großen Lastzüge und die Bagger mit großen Spezialgreifarmen lassen so etwas wie eine industrielle Verladung vermuten. Also lese ich im stets mitgeführten Reiseführer nach: Die Boote der Algenfischer dürfen eine maximale Länge von 12 Metern nicht überschreiten. Zwischen 16 und 18 Uhr kommen sie von ihren Ausfahrten zurück und dann stehen die Lastzüge bereit, um die begehrte, teure und leicht verderbliche Ware schnellstmöglich der Verarbeitung zuzuführen. 

    Es ist Mittag, als ich im Hafen ankomme; ich gönnen mir im Bistro eine Auszeit. Die Freundlichkeit der fast im Laufschritt arbeitenden jungen Kellner kennt offenkundig keine Grenzen. Als mein Hund meinen voll beladenen Teller, den ich gerade vom Buffet bringe, anstößt und ihn sich einmal um die eigenen Achse drehen lässt, landet der Salat auf dem Boden. Da haben wir – wortwörtlich – den Salat! Sofort kommt der Kellner lächelnd helfend und auf meine Entschuldigung erwidert er lediglich „No problem, Madame.“ Mir ist es peinlich, hilft aber nix. Ich gehe erneut ans Buffet und genieße es, als einzige Nicht-Französin hier zu sein. Die Menschen zu beobachten, ihre Freundlichkeit zu erleben. Wäre das bei uns auch so, einen Gast ohne Sprachkenntnisse auf Englisch willkommen zu heißen, sich für die eigenen, nicht sehr ausgeprägten Fremdsprachenkenntnisse zu entschuldigen, beim Servieren (fast) im Laufschritt das Lächeln nicht zu verlieren. Ich weiß es nicht. In der Bretagne habe ich (vielleicht) eine rosarote Brille auf. Alles ist schön, alles ist entspannt, alles ist freundlich.

    Während des Essens beobachte ich die Entladung der ersten Kutter. Bei strahlendem Sonnenschein durchstreife ich dann das schöne, gepflegte Städtchen. 

    Fortsetzung folgt

    Autor: B. Köhler Fotos: B. Köhler

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